UNSERE THÜRINGISCH-KURSÄCHSISCHEN, SUDETENDEUTSCHEN UND FRANZÖSISCHEN VORFAHREN |
Das Leben und Wirken des Adam Heinrich Ludwig Wenck aus Brüheim |
Adam Heinrich Ludwig Wenck und seine Ehe mit Therese von Montbé und deren Stammlinie
Im Alter von 43 Jahren entschließt sich der Musico Wenck, eine Familie zu gründen. Im Kirchenbuch Brüheim von 1796 trägt der Pfarrer ein: „ 1796 den 20. November wurde der Herr Secretaire Adam Heinrich Ludwig Wenck allhier, des Herrn Hauptmann Joh. Michael Wenck allhier ältester Sohn, mit Fräul. Therese von Montbé, des Chursächs. Herzogl. Hauptmanns von Montbé 3. Tochter, Trina procevia proclamatione copativat“.
Raum ist genug im alten Wangenheim’schen Schloßgut, in dem mit ihm nur noch sein alter Vater haust. Die Mutter ist bereits 1792 verstorben.
Seine Auserwählte ist die 3. Tochter von Francois Xavier von Montbé, Churfürstlich Sächsisch hofbestellter Premierlieutenant unter dem Löbl. Gräfl. Renardischen Dragonerregiment, * 10. April 1738 in Auxelles-Bas-haut-Rhin, Franche Comte, France, + 28. März 1824 in Sangerhausen, Thüringen, und seiner Ehefrau Marie Therese Lamblin Vilette d’Aubigne * 1751 ?, Tochter des Kommandanten der Festung Givet, + 9. Juni 1815 in Sangerhausen, Thür. Bei VERLOHREN erwähnt im „Stammregister und Chronik der Kur- und Königlich Sächsischen Armee …“, S. 369: „von Montbé (Mombe, Mombee). Wappen: in einem silbernen Schild ein blauer Stern über einem roten Dreiberg; der Schild liegt auf zwei gekreuzten,blau-silbern-rot geteilten Fahnen mit goldenen Spitzen. Ein altes französisches Geschlecht. Francois Xavier diente in der französischen Kavallerie und trat unter dem Prinz Xaver in sächsische Dienste. Regiment 1765 Sousleutnant Graf Renard Chevaulegers, 1775 Premierleutnant, 1786 Kapitän. Mitgemachte Feldzüge: 1778-1779, 1795. Abgang: 1797 Pension, am 28.3. 1824 in Sangerhausen gestorben. Königl. Sächsische Adelsanerkennung durch Eintrag im Kgl. Sächs. Adelsbuch als ein seit über 100 Jahren in Sachsen als adelig anerkanntes Geschlecht, 7. Aug. 1905 Nr. 22 MONTBÉ Evangelisch. – Französisches Adelsgeschlecht der Franche Comte, der Überlieferung nach eines Stammes mit dem alten Geschlecht de Montby, das 1525 unter der Regentschaft des Königs Franz I von Frankreich genannt wird und
dessen Stammreihe mit Francoise Xavier von Montbé beginnt. |
In den folgenden Jahren erblicken auf dem alten Wangenheim’schen Schloßgut in Brüheim vier Kinder das Licht der Welt.
Johanne Philippine Juliane Wenck * 24. Dezember 1797 Maximilian Friedrich Ludwig Wenck * 26. Oktober 1801 Joseph Friedrich August Wenck * 16. Februar 1803 NN. Sohn Wenck * nach 1804
Joseph Friedrich August Wenck wird unsere Stammlinie fortführen.
Im Jahr 1804 geht ein Brief des Musico Wenck aus Brüheim auf die Reise nach Weimar an keinen Geringeren als an den Dichter Schiller. Darin bittet er ihn, bei seinem nächsten Aufenthalt in Berlin, Zelter ein Empfehlungsschreiben zu übergeben. Zelter, der der Berliner Singakademie vorsteht, sollte Wenck’s Einführung in den Musikalischen Zirkel betreiben. |
Die Amsterdamer Jahre von 1806-1811
„1806 siedelt Adam Heinrich Ludwig Wenck nach Amsterdam über, dessen öffentliches und privates Musikleben praktikablen Musikern wie Wenck ausgezeichnete Entfaltungsmöglichkeit bot und wo auch sein Geistesverwandter, der ‚Mechanicus’ D.N. Winkel wirkte. Dort blieb er bis zu seinem Lebensende, obwohl sich seine Freunde im Vaterlande nach seiner Rückkunft sehnten“, schreibt Gerber. Nicht nur die „Freunde im Vaterland“, sondern auch seine Frau und drei unmündige Söhne warteten in Brüheim auf seine Rückkehr. Die Lebensumstände auf dem alten Schloßgut spitzten sich zu. So erfahren wir aus einer Beschwerde von 1806 an den Herzog in Gotha, „daß die Ehefrau des abwesenden Secretairs Wenck zu Brüheim … wegen ihrem Mann gehörigen Schulden, die auf der Wiese stehenden Hofstätte einige tragbare Bäume habe schlagen lassen. Da diese ungebührliche Anmaßung den noch unbefriedigten Wenck’schen Gläubigern, welche ein dinglich Recht auf gedachte Hofstätte erlangt haben, zum Nachteile gereicht … für die Zukunft zu untersagen …“. Unterhalb des Steinhofes bis zum Bahnhof hin verlief ein Obstgarten mit 17 Kirsch-, 26 Apfel-, 18 Birnen- und 44 Alleebäumen. Hier versorgte sich vermutlich Therese Wenck mit dem notwendigen Brennmaterial. Doch es sollte für die Daheimgebliebenen noch schlimmer kommen. Auf den Schultern der ThereseWenck lasteten nicht nur die Erziehung ihrer drei Söhne, sondern auch das inzwischen marode gewordene alte Schloßgut und vor allem die Konsequenzen aus unterlassener Lehnsmuthung seitens ihres Mannes Adam H.L. Wenck. Der Einzige, der ihr in dieser Not treu zur Seite gestanden ist, war Adam’s Bruder Ehrhardt Friedrich Wenck, Churmanövrischer Quartiermeister aus Eischleben. Zur gleichen Zeit veranlasst Adam H.L. Wenck in Amsterdam die Ausstellung einer Generalvollmacht für seinen Bruder durch den Notarius HEYSTEK und setzt ihn als „General-Lehnsbevollmächtigten“ für das Gut in Brüheim ein. Eigenhändig unterschrieben und gesiegelt, Amsterdam den 20. May 1806 A.H.L. Wenck Der Herr Notarius A.L. Heystek beglaubigt, daß der Herr Adam Heinrich Ludwig Wenck, wohnhaft hier in dieser Stadt, diese obenstehende Vollmacht in meiner und der sich mit unterschreibenden Zeugen Gegenwart eigenhändig unterschrieben, das wird von mir Antonie Lodewik Heystek von dem Hofe von Holland eidlich eingestellter Notarius zur Gerichtlichen Urkunde und Steuer der Wahrheit Kraft meines Amtes mit eigenhändiger Unterschrift und Vordrückung meines Notariatssiegel attestirt. Amsterdam anno et die Utsupra gez. A.L. Heystek Auch dieses Schreiben war im Staatsarchiv Gotha, Stiftung Friedenstein, wohlbehalten verwahrt worden und wartete nur darauf, entdeckt zu werden. Die große Überraschung in diesem Brief war das Siegel des Musicos. Im Vergleich zu den Siegeln seines Onkels und seines Vaters erschuf er sich ein Eigenes mit Symbolen, wie der Hund aus dem von Wangenheim’schen Wappen seiner Mutter, wie das Pferd, bezogen auf seinen Vater, dem Rittmeister und Trompeter im Landdragonerregiment, wie die Palme auf einer Insel im Meer aus dem Staatswappen Surinams, bezogen auf seinen Onkel , Baron Adam Heinrich Ludwig von Wangenheim, der als junger Lieutenant in Surinam eine sehr reiche Plantagenbesitzerin geheiratet, ihr Riesenvermögen geerbt und damit auch seine Verwandtschaft in Brüheim bedacht hat. Anstelle des Helms ziert eine neunzackige Krone das Siegel.
Obwohl Ehrhardt Friedrich Wenck noch 1806 von der baldigen Rückkehr seines Bruders Adam überzeugt war, gab er später in einem Schreiben an den Herzoglichen Lehnshof zu, jede Hoffnung auf Rückkehr aufgegeben zu haben. Der Musico Adam Heinrich Ludwig Wenck, der schon in seiner „Generalvollmacht“ von 1806 für den Bruder seine Abwesenheit durch „verschiedene wichtige Ursachen“ begründete, blieb bis zu seinem Lebensende in Amsterdam und überließ Frau und Kinder in Brüheim ihrem Schicksal. Aus dieser Zeit stammen folgende Werke: Les petits concerts ambulants d’Amsterdam ou Collection de petits airs de differents caracteres les plus agrèables et les plus en vogue dans cette ville arranges pour le forte par A.H. Wenck, Amsterdam (181-?), gestochen Die sinngemäße Übersetzung lautet: Die kleinen Wanderkonzerte von Amsterdam oder Sammlung von kleinen Melodien verschiedener Art, die liebenswertesten und modernsten dieser Stadt für ein Piano forte.
Variationen für Pianoforte und Orgel auf das Lied des Wiener Stehgreifsängers Augustin Marx (1643-1685) „Ach Du lieber Augustin, alles ist hin“. „Geld ist weg, Haus ist weg, Frau ist weg, alles ist weg, ach Du lieber Augustin, alles ist hin“. Wie wahr, hier spätestens hat ihn das Schicksal eingeholt.
1806 erscheint eine Sammlung alter deutscher Gedichte von Achim von Arnim und Clemens von Brentano mit dem Titel „Des Knaben Wunderhorn“. Für eines dieser Gedichte schreibt August Heinrich Wenck 1810 eine Melodie „DIE AMMENUHR“
Im Dezember 2011 erreichte mich eine Mail von Prof. Christoph Jäggin aus der Schweiz. Er arbeitete gerade an einer Publikation über Lieder aus der 1. Hälfte des 19. Jh.. Dazu gehört eine damals sehr populäre Melodie, die auf A.H. Wenck zurückgeht. Es ist das Lied „Die Ammenuhr“. Wencks originale Melodie stammt aus einer Liedersammlung aus dem Jahre 1817, dem sog. „Mildheimischen Liederbuch“, das zu den einflussreichsten Singbüchern der Zeit gehörte. Durch ihn erhielt ich die Noten noch über weitere 20 Lieder aus dem Mildheimischen Liederbuch von 1815, die Adam Heinrich Ludwig Wenck vertont hat. Aus Dankbarkeit übersandte ich ihm meine Wenck’sche Familienchronik, auf die er wie folgt reagierte: Eben habe ich Ihre beeindruckende Familienchronik mit großem Interesse studiert. Herzlichen Dank, daß Sie mich an ihr teilhaben lassen! Und wie bewundere ich Ihre Ausdauer, Ihren Spürsinn, Ihr Finderglück, Ihre Kunst der Darstellung und des Zusammenfassens . . . wie viele Hürden mussten wohl übersprungen werden, um solchen Reichtum sichtbar und erfahrbar zu machen ! Nun klingt dieses feine Liedchen des Adam Heinrich Ludwig Wenck, das wohl alle Menschen, ,hören sie es erstmals, im Herzen rührt und nicht mehr loslässt, seltsam anders. Mit ihm verbunden ist nun nicht nur ein Name, sondern ein Mensch, ein gelebtes Leben mit Höhen und Tiefen, Sorgen und Glück, eine Zeit, ein Raum. In Umrissen ist alles zu erkennen, phantastisch fremd zwar, aber fühl- und erlebbar . . . faszinierend! Herzlichen Dank für dieses wunderbare, kostbare Geschenk“ Ihr Christoph Jäggin
Seine Einschätzungen meiner Wenckschen Familienforschung waren für mich schönster Lohn für jahrelanges Recherchieren, zumal in der Familie überhaupt kein Wissen über ihre Vorfahren mehr existierte.
Nirgendwo nachher wurde nach dem Verlust der Brüheimer Kirchenbücher festgehalten, wann Adam Heinrich Ludwig Wenck geboren ist und welcher Tag auf Erden sein letzter war. In allen gängigen Musiklexika – und es sind zahlreiche in- und ausländische – heißt es immer nur „um 1750 geboren zu Brüheim“ und verstorben „um 1814 in Amsterdam“. Was hab ich nicht alles versucht, um hinter dieses Geheimnis zu kommen.
Amsterdam, dachte ich mir, muß der Schlüssel sein. Und HEYSTEK das passende Schloß dazu. 2007 entdeckte ich im Internet die Homepage einer Familie dieses Namens, deren Vorfahr ein Antonie Lodewig Heystek, Notar in Amsterdam, war. Und eben dieser Notar hat 1806 die „Generalvollmacht“ des Musico A.H.L. Wenck in Amsterdam beglaubigt. Auf eine Mail an den Familienverband Heystek in Holland, erhielt ich eine sehr freundliche Antwort und den entscheidenden Hinweis auf das „Stadsarchief Amsterdam“. Nun ging alles sehr schnell. Innerhalb von 3 Wochen erhielt ich Post aus Amsterdam, die ich mit zittrigen Händen öffnete: „ Gemeente Amsterdam Stadsarchief, 24. Oktober 2007 Sehr geehrte Frau Wietschel In Antwort auf Ihren obengenannten Brief schicke ich Ihnen drei Photokopien und kann Ihnen folgendes mitteilen. 14. Dezember 1811 (Aktedatum: 16. Dezember 1811). Versterben um 5 Uhr am Abend des Adam Hendrik Lodewijk Wenck, 58 Jahre alt, Musiklehrer, wohnhaft (nach 1805) in der Korte Leidsedwarsstraat no. 144 (heute no.40), geboren in Saxe Gotha ( Sachsen Gotha), verheiratet zur Maria Theresia van Montpe. . . . Hochachtungsvoll Dr. J.A.E. Boomgard, Stadtarchivar von Amsterdam“ |